Beispiele für Intertextualität

Intertextualität und ihre Merkmale

Intertextualität bezieht sich auf eine Gruppe von Texten, die in einen bestehenden Text integriert werden. Der russische Sprachwissenschaftler Michail Bachtin wird als Begründer dieses Konzepts angesehen, welches den Dialog und die Vielzahl an Stimmen betont. Es existiert kein reines oder originäres Schaffen; vielmehr ist jede Schöpfung von vorhergehenden Konzepten und Ideen beeinflusst. Eine der herausragenden Eigenschaften der Intertextualität ist, dass sie als charakteristisches Merkmal der modernen Poesie gilt. Sie zeichnet sich durch ihre strukturierenden und semantischen Rahmenbedingungen aus, indem sie versteckte, vergangene Texte heraufbeschwört und sie in der Gegenwart der Poesie revitalisiert. Darüber hinaus erfüllt sie sowohl ästhetische als auch stilistische Funktionen. Dennoch stehen Intertexte vor Herausforderungen in Bezug auf die komplette Erfassung und Übereinstimmung mit den ursprünglichen Texten und deren Bedeutungen.

Beispiele für Intertextualität

Intertextualität im Koran

Der Koran gilt als eine der reichhaltigsten Quellen für Intertextualität. Viele Poeten bedienen sich des Korans, um Bedeutungen, Begriffe und Ausdrücke aus seinen Versen zu entnehmen. So lässt sich beispielsweise ein Gedicht aus einer Inspiration heraus formulieren, die sich an den Versen des Korans orientiert. Ein Beispiel hierfür wäre:

Ich werde meine Gewohnheit in dieser trostlosen Kälte ordnen,

und sie wird in der Wüste Zuflucht finden,

wenn die Hauptstädte dich empfangen

mit einem heimtückischen Flüstern.

Hier bezieht sich der Dichter, Az-Zein Aldin, auf den heiligen Vers: (Vor dem Bösen des heimlichen Flüsterers). In diesem Zusammenhang stellt der Dichter die Einsamkeit der Palästinenser dar, während sie von den Hauptstädten und mit ihr verbundenen Entfremdung und Distanz zu ihrem Heimatland betroffen sind.

Intertextualität aus den Hadithen

Ein weiteres Beispiel dafür findet sich im Werk des andalusischen Dichters Ibn Shuhayd, der sagt:

Um ihn herum ist der Flügel der Engel, der sich naht,

um einen reuigen, gedenkenbietenden Greis zu begrüßen.

Hier wird eine Verbindung zum Hadith des Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm) deutlich, in dem es heißt: (Ein Volk, das sich dem Gedenken Allahs widmet, wird von Engeln umgeben, und die Barmherzigkeit wird sie durchdringen …).

Literarische Intertextualität

Obwohl sich die Ausdrucksweisen der Ideen unterscheiden können, bleibt das Wesentliche der Bedeutungen gleich. Daher neigen Dichter dazu, sich an traditionelle Werke anzulehnen und Elemente aus den Gedichten früherer Dichter zu integrieren. Dies geschieht oft, indem sie Verse oder ganze Strophen einfügen oder durch Verweise auf andere Gedichte. Dies ist beispielsweise in den Versen der Dichterin Fadwa Tuqan zu erkennen, die in ihren Zeilen mit dem Werk von Imru‘ al-Qais interagiert, indem sie sagt:

Vor den Toren von Jaffa, meine Geliebten,

inmitten des Durcheinanders der Ruinen,

zwischen Trümmern und Dornen,

blieb ich stehen und sprach zu meinen Augen: Oh Augen,

lasst uns weinen

über die Ruinen derer, die gegangen sind und sie zurückgelassen haben.

In diesen Versen reflektiert sie die Trauer über die Ruinen ihres Heimatlandes, ähnlich wie Imru‘ al-Qais über die Ruinen seiner Geliebten, doch hat sie die Ruinen der Geliebten durch die Ruinen Jaffas ersetzt, eine palästinensische Stadt, die 1948 unter Besatzung fiel.

Intertextualität in Sprichwörtern und Redewendungen

In dieser Kontextualisierung bezieht sich der Dichter auf bekannte Sprichwörter und Redewendungen, die in der kulturellen Überlieferung verwurzelt sind. Ein Beispiel ist das häufig verwendete Sprichwort (In jedem Tal eigene Nachkommen), welches Ibn Shuhayd in folgendem Vers aufgreift:

Der Junge sehnt sich nach einer leeren Quelle,

und der Tod des Schicksals lauert in jedem Tal.

Historische Intertextualität

In dieser Form der Intertextualität ruft der Dichter historische Persönlichkeiten, entscheidende Ereignisse und bedeutende archäologische Stätten ins Gedächtnis und verknüpft diese mit der Gegenwart. So revitalisieren sie alte Texte und verleihen ihnen eine historische Tiefe und Schönheit. Ein Beispiel hierfür ist der Dichter Rashid Hussein, der die Figur von Saladin und seine Siege über die Kreuzritter in der Schlacht von Hattin und die Befreiung Jerusalems thematisiert und dieses historische Ereignis mit dem arabischen Sieg von 1973 verknüpft. Dies zeigt sich in seinen Versen:

Am sechsten Tag im Oktober,

im Herzen von Damaskus,

wurde Hattin ein zweites Mal geboren,

am siebten Tag im Oktober,

bombardierten sie die Kinder von Damaskus,

doch; die Kinder wuchsen über Jahre hinweg,

sowie auch die Bäume um sie herum.

Somit verknüpft der Dichter die Ereignisse der Vergangenheit mit denen der Gegenwart.

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