Die Säulen der Ehe nach den vier Rechtsschulen

Die Grundlagen der Ehe gemäß den vier Rechtsschulen

Die Ansichten der Gelehrten bezüglich der Grundlagen der Ehe sind vielfältig. Die Hanafiten betrachten das entscheidende Element der Ehe als den Willensbekundung (Ijab) und die Annahme (Qabul). Die Malikitten hingegen definieren die Grundlagen als: den Vormund der Braut, den Bräutigam, die Braut sowie die Eheschließungsformel. Die Schafiiten sehen fünf grundlegende Elemente: die Eheschließungsformel, den Bräutigam, die Braut, zwei Zeugen und den Vormund. Als letzte Gruppe legen die Hanbaliten drei Grundlagen zugrunde: die beiden Ehepartner, den Willensbekundung und die Annahme. Die Gelehrten haben die Details dieser Elemente umfassend erläutert.

Die Formulierung der Ehe

Die Gelehrten der vier Rechtsschulen sind sich einig, dass die Ehe durch eine Willensbekundung und eine Annahme formell wird, die jeweils durch verbale Äußerungen oder andere geeignete Ausdrucksformen erfolgen kann. Die Willensbekundung kommt in der Regel vom Vormund der Braut, während die Annahme vom Bräutigam oder dessen Bevollmächtigten ausgesprochen wird. In Bezug auf die Reihenfolge von Willensbekundung und Annahme äußern sich die Gelehrten wie folgt:

  • Die Malikitten und Schafiiten sind der Ansicht, dass die Annahme sowohl vor als auch nach der Willensbekundung erfolgen kann.

Sobald die Willensbekundung und Annahme festgehalten sind, gilt die Erklärung des Bräutigams an den Vormund beispielsweise „Verheirate mich“ oder „Ich habe deine Tochter geheiratet“ bereits als Annahme. Die Reaktion des Vormunds „Ich habe dich verheiratet“ stellt dann die Willensbekundung dar, wodurch die Ehe zustande kommt.

  • Die Hanbaliten hingegen verlangen, dass die Willensbekundung der Annahme immer vorangeht.

Es ist ihnen nicht erlaubt, die Annahme vor die Willensbekundung zu setzen, da die Annahme nur dem Willensbekundung folgen kann. Wenn der Bräutigam beispielsweise sagt: „Ich habe deine Tochter geheiratet“, und der Vormund antwortet: „Ich habe dich mit ihr verheiratet“, wäre dies für die Hanbaliten ungültig.

  • Die Hanafiten hingegen betonen, dass die Willensbekundung immer zuerst kommen muss.

Dies gilt unabhängig davon, ob die ersten Äußerungen vom Bräutigam, der Braut oder ihrem Vormund stammen. Die zuletzt erfolgende Annahme kann ebenfalls vom Bräutigam, der Braut oder ihrem Vormund ausgesprochen werden. Wenn der Bräutigam beispielsweise sagt: „Verheirate mich“ oder „Ich habe deine Tochter geheiratet“, ist dies die Willensbekundung, und sofern der Vormund oder die Braut sagt „Ich akzeptiere“, wird die Ehe wirksam.

  • Die Gelehrten sind sich darüber einig, dass die Ehe durch die Formulierung „Nikah“ oder „Zawaj“ zustande kommt.

Diese beiden Begriffe sind die eindeutigen Bezeichnungen für die Eheschließung, wobei die Schafiiten und Hanbaliten ausschließlich diese Ausdrücke anerkennen. Die Hanafiten und Malikitten hingegen gestatten auch andere umschreibende Formulierungen für die Eheschließung.

Die Vormundschaft bei der Ehe

Die Meinungen der Gelehrten zur Frage, ob die Vormundschaft eine Bedingung für die Gültigkeit der Ehe ist, sind unterschiedlich:

  • Die erste Auffassung: Die Mehrheit ist der Meinung, dass der Vormund eine Bedingung für die Gültigkeit der Ehe ist.

Eine Ehe kann demnach nur mit dem Einverständnis eines Vormunds geschlossen werden; andernfalls gilt der Vertrag als ungültig. Eine Frau darf sich nicht ohne Vormund verheiraten. Falls dies geschieht, ist der Vertrag ungültig. Die Mehrheit stützt sich auf verschiedene Belege aus dem Koran und der Sunnah, darunter:

  • Die Aussage Allahs -der Erhabene-: „Verheiratet die ledigen unter euch sowie die rechtschaffenen von euren Sklaven und Mägden.“ Diese Ayah bekräftigt das Recht der Vormünder, alle ohne Ehepartner zu verheiraten, unabhängig von Geschlecht.
  • Und das Hadith des Propheten -Allahs Segen und Frieden auf ihm-: „Wenn eine Frau sich ohne das Einverständnis ihres Vormunds verheiratet, ist ihre Ehe ungültig, ungültig, ungültig.“
  • Die zweite Auffassung: Abu Hanifa vertritt die Meinung, dass der Vormund keine Bedingung für die Gültigkeit der Ehe ist.

Die Frau hat das Recht, sich selbst oder andere zu verheiraten, wie folgendes belegt:

  • Allahs -der Erhabene- Wort: „Und wenn ihr die Frauen geschieden habt und sie ihr festgelegtes Zeitlimit erreicht haben, dann haltet sie nicht daran, dass sie Heiratsanträge an ihre Ehemänner stellen, sofern sie einvernehmlich sind.“
  • Das Hadith des Propheten -Allahs Segen und Frieden auf ihm-: „Die Geschiedene hat mehr Recht über sich selbst als ihr Vormund.“

Die Bezeugung der Eheschließung

Obwohl die Eheschließung wie andere Verträge auf Willensübereinstimmung, Willensbekundung und Annahme beruht, hat der Islam diesen Vertrag mit einer Hochachtung und Bedeutung umgeben. Der Eheabschluss gilt als Akt der Anbetung und eine Gelegenheit, Gott -der Erhabene- nahe zu sein.

Angesichts der gravierenden Folgen, die mit der Eheschließung verbunden sind, einschließlich der Erlaubnis des Zusammenlebens zwischen den Ehepartnern, der Verpflichtung zur Mitgift und dem Unterhalt sowie der rechtlichen Verankerung der Abstammung der Kinder, hat der Islam besondere Vorkehrungen getroffen und verlangen die Gelehrten die Bezeugung der Ehe.

Die Meinungen der Gelehrten zur Bezeugung der Ehe sind ebenfalls unterschiedlich, und zwar in zwei Auffassungen:

  • Die erste Auffassung

Die Mehrheit der Hanafiten, Schafiiten und Hanbaliten sieht die Bezeugung als Bedingung an. Fehlen die Zeugen, ist die Ehe ungültig. Sie stützen sich auf den Vers: „Und bezeugt, wenn ihr verkauft.“ Der Vers bezieht sich auf den Verkaufsvertrag und lässt darauf schließen, dass die Bezeugung auch für den Ehevertrag erforderlich ist, da der Ehevertrag von höherer Bedeutung ist als der Verkaufsvertrag.

  • Die zweite Auffassung

Die Bezeugung ist nicht erforderlich, vielmehr reicht eine Bekanntgabe aus, was als eine Überlieferung von Imam Ahmad und als Ansicht von Malikita gilt.

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