Aristoteles und die Psychologie
Aristoteles strebte danach, die Natur zu ergründen und klassifizierte die darin vorkommenden Lebewesen. Er untersuchte Tiere, deren Anatomie und Verhalten in ihrem natürlichen Lebensraum. Diese Neugier führte ihn zur Erforschung der Seele, die für ihn das höchste Maß an Erhabenheit und Vollkommenheit darstellte. Zu diesem Thema verfasste er ein Werk mit dem Titel „Über die Seele“ (De Anima). Dieses Buch gilt als das erste wirkliche Standardwerk in der Psychologie. Besonders bemerkenswert ist, dass er diesem Thema ein eigenständiges Schriftstück widmete, was darauf hinweist, dass er die Seele als eigenständige Wissenschaft betrachten wollte. Er definierte die Seele als die gemeinschaftlichen Phänomene, die zwischen Geist und Körper existieren.
Die Psychologie
Aristoteles betrachtete die Seele als ein spezifisches Studienfeld, das sich mit der Natur und den Eigenschaften der Seele befasst. Er sah die Seele als das allgemeine Prinzip des Lebens und argumentierte, dass die Psychologie alle lebenden Wesen, einschließlich Pflanzen, Tiere und Menschen, umfassen sollte. Daher findet sich in seinem Werk „Über die Seele“ eine präzise Beschreibung der Aktivitäten, die alle lebenden Organismen ausführen, was zeigt, dass Aristoteles’ Psychologie umfassend war und alle Lebensäußerungen, einschließlich der Natur des Lebens selbst, berücksichtigte. Dies stellt einen markanten Unterschied zwischen der aristotelischen Psychologie und der modernen Psychologie dar.
Themen des Werkes zur Seele
Aristoteles wirft in seinem Buch „Über die Seele“ eine Reihe von Fragestellungen auf, die die psychologischen Eigenschaften der Phänomene und deren Beziehung zur Seele und zum Körper betreffen. Er stellt fest: „Es gibt ein weiteres Problem, das mit den Zuständen der Seele verbunden ist. Gelten die Erkenntnisse für alle seelischen Wesen, oder gibt es solche, die speziell für die Seele selbst relevant sind? Diese Frage ist schwierig, aber notwendig. Die Seele scheint in den meisten Fällen ohne den Körper weder zu agieren noch zu reagieren, wie beispielsweise bei Gefühlen wie Zorn, Drang, Mut und Empfindung. Obwohl das Denken vielleicht eine spezielle Funktion der Seele ist, bleibt es fraglich, ob dieses Denken nicht eine Form von Vorstellung ist, die ohne den Körper nicht existieren kann. Wenn es spezielle Zustände oder Funktionen der Seele gibt, die sie allein betreffen, könnte die Seele theoretisch auch ohne den Körper existieren. Es scheint jedoch, dass alle Zustände der Seele mit dem Körper verbunden sind, wie Sanftmut, Zorn, Angst, Tapferkeit, Mitgefühl, Freude, Liebe und Hass; denn bei Auftreten dieser Zustände verändert sich der Körper. Dies zeigt sich, wenn starke und gewalttätige Ursachen einige dieser Zustände hervorrufen, ohne dass daraufhin Angst oder Aufregung folgt, während in anderen Fällen starke und gewalttätige Ursachen Schwäche hervorrufen können, sofern der Körper angespannt ist und sich zornig zeigt…“ Hieraus wird deutlich, dass die Seele ein Teil der Natur ist, sei es in Verbindung mit der gesamten Seele oder mit einigen ihrer Zustände. Zudem behandelt Aristoteles die methodologischen Fragen im Zusammenhang mit der Untersuchung komplexer Phänomene sowie die Problematik der Beziehungen zwischen psychologischen Phänomenen und dem Körper. Seine Überlegungen zur psychologischen Methodologie und deren Verbindung zur Natur des Forschungsthemas stimmen mit den Ansätzen moderner Psychologen überein, wobei deren Forschungsmethoden je nach den spezifisch definierten psychologischen Phänomenen variieren.
Die von Aristoteles angewandte Forschungsmethodik zur Untersuchung der Psychologie variiert je nach seinen Auffassungen über die Zustände der Seele. Wenn die Zustände der Seele eng mit dem Körper verbunden sind (d.h. sie agieren oder reagieren nicht ohne den Körper), dann wird ihre Untersuchung – aus seiner Sicht – ein Fachgebiet des Naturwissenschaftlers. Falls die Seele jedoch spezifische Eigenschaften aufweist, benötigt der Forscher eine deduktive Methodik, die auf a priori Prinzipien basiert. Die Fragestellung zur psychologischen Methodologie wird bis heute in ähnlicher Weise behandelt, weshalb die Methoden der psychologischen Forschung je nach den Vorstellungen der Wissenschaftler und Forscher hinsichtlich der analysierten und untersuchten Themen variieren.
Formen der Seele
Aristoteles stimmte mit seinem Lehrer Platon überein, dass es drei Formen der Seele gibt:
- Die vegetative Seele: Sie repräsentiert die Nahrungsfunktionen der lebenden Organismen.
- Die animalische Seele: Diese Seele ermöglicht die Selbstbewegung.
- Die menschliche Seele: Sie repräsentiert die geistigen Fähigkeiten.
Aristoteles betrachtete die Seele sowohl aus physikalischer als auch aus metaphysischer Perspektive und sah sie als das aktive Prinzip der Existenz des Körpers an. Durch die Seele wird die Beschreibung des Wesens und dessen Ziele und Absichten verwirklicht, weshalb die Seele als die erste Vollkommenheit des Körpers angesehen wird.