Das Urteil über das Witr-Gebet gemäß der hanafitischen Rechtsschule
Gemäß der hanafitischen Rechtsschule ist das Witr-Gebet obligatorisch. In dieser Schule wird die Verpflichtung als weniger wichtig angesehen als das Pflichtgebet. Das Witr-Gebet besteht aus drei Rak’ahs, die mit einer einzigen Friedensgruß abgeschlossen werden. In jeder Rak’ah wird die Sure Al-Fatiha zusammen mit einer weiteren Sure aus dem Heiligen Koran rezitiert. Nach der Rezitation in der dritten Rak’ah hebt der Betende die Hände und spricht Takbir, so wie er es bei der Takbira al-Ihram tut, und anschließend liest er das Eröffnungsgebet.
Das Qunut im Witr-Gebet nach der hanafitischen Sichtweise
Beim Witr-Gebet rezitiert der Betende das Qunut-Gebet, welches vor dem Verbeugen (Ruku) rezitiert wird. Nach der hanafitischen Auffassung ist das Qunut im Witr-Gebet zwingend. Wenn jemand das Qunut nicht ausführen kann, sollte er dreimal „Allahum igfir li“ sagen. Sollte der Betende das Qunut-Dua während des Ruku vergessen und es ihm während des Ruku in den Sinn kommen, wird er das Qunut nicht sprechen und nicht wieder aufstehen.
Nach dem Abschluss des Gebets und den beiden Friedensgrüßen führt er die Sijdah des Vergessens aus. Wenn er jedoch wieder aufsteht, das Qunut-Dua liest und nicht zum Ruku zurückkehrt, bleibt sein Gebet gültig. Ebenso, wenn der Betende versehentlich vor der Rezitation der Sure und des Qunut-Duas in den Ruku geht, kann er seinen Kopf erheben, um die Sure und das Qunut-Dua zu rezitieren.
Die Zeit des Witr-Gebets bei den Hanafitischen
Die Zeit für das Witr-Gebet ist identisch mit der Zeit für das Nachtgebet (Isha), das heißt, von Sonnenuntergang bis zur Morgendämmerung. Das Gebet für Witr erfordert keinen eigenen Adhan oder Iqama. Witr sollte nicht vor dem Nachtgebet verrichtet werden; vielmehr muss die Reihenfolge beachtet werden: Zuerst wird das Nachtgebet und anschließend das Witr-Gebet verrichtet.
Wenn jemand das Witr-Gebet absichtlich versäumt oder durch etwas abgelenkt wird, wodurch er es vergisst, muss er es nachholen, auch wenn viel Zeit vergangen ist. Zudem, wenn jemand das Witr-Gebet aus Vergessen vor dem Nachtgebet verrichtet, gilt sein Gebet als gültig. Sollte er das Nachtgebet nach dem Witr-Gebet verrichten und später feststellen, dass das Nachtgebet aus einem bestimmten Grund ungültig ist, bleibt das Witr-Gebet gültig.
In diesem Fall muss er das Nachtgebet alleine wiederholen, da die Reihenfolge aufgrund des Anlasses nicht mehr bindend ist. Nach der Hanafitischen Auffassung sollte das Witr-Gebet nur im Stehen verrichtet werden, sofern keine gesundheitlichen Einschränkungen vorliegen. Das Witr-Gebet sollte nicht im Sitzen oder im Stehen erfolgen, wenn der Betende dazu in der Lage ist. Es ist auch sunnah, im Witr-Gebet leise zu beten, unabhängig davon, ob er Imam ist, alleine betet oder einem Imam folgt.
Das Gemeinschaftsgebet im Witr ist nur im Ramadan empfohlen, da es den Muslimen erlaubt, im Ramadan gemeinsam zu beten. In den übrigen Monaten ist das Gebet in Gemeinschaft unerwünscht.
Die Vorzüge des Witr-Gebets
Das Witr-Gebet hat großartige Vorzüge vor Allah, dem Erhabenen. Abu Huraira (möge Allah mit ihm zufrieden sein) berichtete: „Mein lieber Freund, der Prophet (Friede sei mit ihm), empfahl mir drei Dinge: drei Tage im Monat zu fasten, zwei Rak’ahs des Dhuha-Gebets und Witr vor dem Schlafen.“